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Zwischen Hysterie und Romantik – ein Wolfsexperte klärt auf
Rund 100 Jahre lang galt der Wolf in Deutschland als ausgerottet. Seit 2000 reproduziert er sich als Ergebnis strengen internationalen Schutzes im Lande wieder – seither schaukeln sich die Wogen zwischen Sympathie und Antipathie immer höher. Der Wolf polarisiert wie kaum ein anderes Tier. Die bestätigte Wolfssichtung im Landkreis Coburg beschäftigt die Menschen in der Region – und in den sozialen Netzwerken. In sozialen Netzwerken werden hitzige Diskussionen geführt. Deshalb haben die vhs Coburg und das Europe Direct Coburg Kurt Kotrschal eingeladen, einer der angesehensten Wolfsforscher der Welt. Sein Vortrag mit anschließender Diskussion findet am 5. Juli 2023 um 19 Uhr im Pfarrzentrum St. Augustin statt.
Kurt Kotrschal ist einer der wenigen Menschen, der Wölfen so nah gekommen sind. Er hat Wolfswelpen von Hand aufgezogen, ist mit erwachsenen Tieren um die Wette gelaufen und hat sogar zeitweise in ihrem Wolfsgehege übernachtet. Doch Kotrschal ist kein leichtsinniger Draufgänger, sondern ein renommierter Verhaltensbiologe und einer der angesehensten Wolfsforscher der Welt. Seit zwei Jahrzehnten widmet er sich der Erforschung von Wölfen, um das uralte Band zwischen diesen Tieren und uns Menschen zu verstehen.
Unsere gemeinsame Geschichte reicht über 35.000 Jahre zurück, Kurt Kotrschal ist davon überzeugt, dass die Partnerschaft zwischen unseren Vorfahren und Wölfen eine der bedeutendsten Innovationen der Menschheitsgeschichte war. In der Altsteinzeit waren Wölfe und Menschen die Spitzenjäger, und ihre Zusammenarbeit erwies sich als unschlagbar. Denn trotz ihrer oberflächlichen Unterschiede hatten diese beiden Arten viel mehr Gemeinsamkeiten, als man zunächst vermuten würde. Sowohl in Bezug auf Jagdtechniken und Beutespektrum als auch in Bezug auf die Sozialstruktur gab es erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen den Jägern und Sammlern Eurasiens und den Wölfen.
Die Wölfe waren in Europa zwar nie vollständig verschwunden, aber in jüngerer Zeit nehmen ihre Populationen wieder deutlich zu. Dies ist auf strenge Schutzbestimmungen und die hohe Anzahl von Wildtieren in den heutigen Wäldern zurückzuführen, was auch ihre Rückkehr nach Deutschland ermöglicht hat. Dies liegt laut Kotrschal nicht nur am strengen Schutz, sondern auch am Nahrungsangebot, welches noch nie so groß war wie es heute in Mitteleuropa ist.
Mit den Raubtieren entstand auch eine emotionale Debatte, in der vor allem zwei Positionen Gehör finden: Hysterie und Angst auf der einen Seite, ein romantisch-verklärtes Naturbild auf der anderen. Der Wolf scheint symbolisch für die Frage zu stehen, wie wir in Zeiten des Artensterbens und der Klimakrise mit der Natur umgehen sollten.
Anmeldung bei der Volkshochschule Coburg unter www.vhs-coburg.de oder 09561 8825-0. Die Veranstaltung ist eine Kooperation der vhs Coburg mit dem Europe Direct Coburg, dem LBV Coburg, dem BUND Naturschutz Coburg und dem BJV Coburg.