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„Viele Dinge in der Welt widerfahren uns völlig unabhängig von unserer inneren Einstellung.“
Am Dienstagabend 31.01.2023 haben über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Pfarrzentrum St. Augustin der Lesung von Juliane Marie Schreiber zugehört. „Mich freut es, dass so viele Menschen hier in Coburg an einem Dienstagabend zusammenkommen, um aus meinem Buch zu hören“, so Schreiber. Dass das Buch nicht nur davon handelt, dass Glück eigentlich ein abnormaler Zustand des Körpers ist, Schimpfen gut ist und Wut uns voranbringt, machte Frau Schreiber in ihrer zweigeteilten Lesung schnell deutlich.
„Ich möchte lieber nicht“ zeigt den gesellschaftlichen Zwang auf, andauernd positiv sein zu müssen, denn zu vieles wird nur auf eine individuelle, psychologische Ebene reduziert, alles läge es immer nur an der individuellen Herangehensweise, oder am eigenen Mindset, obwohl die Probleme oft politisch oder gesellschaftlich sind und komplett unabhängig von der eigenen Einstellung geschehen.
Genau durch so eine Situation, ist die Autorin erst auf die Auseinandersetzung mit dieser Thematik gestoßen. Bei einem Besuch ihrer Oma im Pflegeheim sagte der Enkel der Zimmernachbarin zu seiner Großmutter „Denke doch mal positiv, dann wirst du auch besser von den Pflegern behandelt“. Dass das Pflegepersonal aber aufgrund des Fachkräftemangels und der Unterbesetzung gestresst ist und es in dem Fall auch wenig bringt, positiv zu denken, um das Problem zu lösen, ist wohl nachvollziehbar.
Glückstee, Badezusätze mit den Aufschriften „Sei glücklich“, „Mehr Energie für den Tag“, „Be positive“ zieren die Drogerien. Bilder vom Urlaub mit Sonne, Strand und Meer, perfekten Beziehungen und dem perfekten Leben sehen wir tagtäglich im Netz. Glück ist ein Statussymbol geworden – je glücklicher desto besser. Dass es den meisten Menschen allerdings bereits gut geht, ist nicht ausreichend – man muss immer besser, immer leistungsfähiger, immer glücklicher werden. Wann weiß man, dass man glücklich genug ist? Dabei ist es in Ordnung, zu sagen, „ich möchte heute lieber nicht die beste Version meines Selbst sein, ich möchte einfach nur hier sitzen.“
Juliane Marie Schreiber stand am Ende der Lesung noch für Fragen und Buchsignierungen zur Verfügung. Den Büchertisch gab es von der Buchhandlung Riemann und moderiert wurde der Abend von Iris Kroon-Lottes vom Europe Direct Coburg. Auf die Nachfrage eines Teilnehmers, was von der Positiven Psychologie gewonnen werden kann, antwortete Frau Schreiber: „Ich sehe die Positive Psychologie kritisch. Ich verstehe den Ansatz, dass Menschen selbst aktiv werden möchten, etwas zu ändern – aber bis zu welchem Grad? Die äußeren Umstände werden dabei ignoriert.“